Kanalsanierung mit Inlinersystem

Wie aus einem flachen weißen Schlauch ein robustes Kanalrohr wird, das kann man in diesen Tagen in Hainhausen beobachten. Dort ist die Firma Diringer und Scheidel im Auftrag der Stadtwerke Rodgau unterwegs, um einen weiteren Teil des Kanalnetzes zu sanieren. 3,2 Kilometer sind es bei dieser Maßnahme, die bis Ende März 2021 abgeschlossen sein soll.

Die UV-Lichterkette wird nach und nach durch das Kanalstück gezogen, um das Kunststoffrohr auszuhärten.

Größere Tiefbauarbeiten bleiben den Bürgerinnen und Bürgern dabei glücklicherweise erspart, denn die Kanalsanierung führen die Stadtwerke seit 20 Jahren vorrangig mit einem sogenannten Inlinersystem durch. Dabei handelt sich um ein Rohr-in-Rohr-System, bei dem ein zusammengelegter, speziell für die betreffende Kanalstrecke gefertigter Schlauch mit einer Winde durch das zu sanierende Kanalstück gezogen wird. Anschließend wird dieser mit Druckluft aufgebaut und aufgehalten, sodass sich das neue Rohr exakt in das vorhandene Rohr einlegt. Das Aushärten des Schlauches – bestehend aus in Harz getränkten Glasfasermatten – erfolgt durch eine extra für den Durchmesser des neuen Rohres geeignete UV-Lichterkette. Diese wird nach und nach durch den Kanal gezogen. Durch die chemische UV-Lichtreaktion entsteht aus dem flexiblen Schlauch ein robustes, dichtes und ausgehärtetes glasfaserverstärktes Kunststoffrohr. Eine Druckprüfung weist abschließend nach, ob alles dicht ist. Zusätzlich werden Probestücke entnommen, die ein unabhängiger Sachverständiger auf die geforderte Wanddicke, Dichtheit und die statische Tragfähigkeit prüft. Nach fünf Jahren gibt es darüber hinaus eine Kontrollfahrt.

Circa 50 Kilometer des 189 Kilometer langen Rodgauer Kanalnetzes wurden auf diese Weise bereits instand gesetzt. „Mit dem Inlinerverfahren bedienen wir uns einer bewährten und stets weiterentwickelten Technik und haben im Vergleich zur konventionellen offenen Bauweise bei deutlich reduzierter Inanspruchnahme von Flächen und daraus resultierender Verkehrsbehinderung eine bemerkenswerte Reduktion der Baukosten – im Vergleich zu einem Neubau nur 20-30% “, erklärt der technische Betriebsleiter der Stadtwerke Rodgau Stefan Lambert. So ist die momentane Maßnahme mit einem Kostenvolumen von 850.000 € brutto veranschlagt. Zu den weiteren Vorteilen gehören die kurze Bauzeit, da keine offene Bauweise nötig ist, sowie die Nachhaltigkeit des Systems. „Die Lebensdauer der Inliner-Rohre wird auf bis zu 60 Jahre geschätzt“, erläutert Diplom-Ingenieur Andreas Hensel, der als Bauleiter der Firma Diringer und Scheidel fungiert. Diplom-Ingenieurin Ingrid Sattler, die stellvertretende Sachgebietsleiterin der Abteilung Stadtentwässerung der Stadtwerke Rodgau, ergänzt: „Man sollte bedenken, dass das Kanalnetz mit rund 50 Millionen Euro das größte Anlagevermögen der Stadt ist. Es handelt sich hierbei also auch um eine werterhaltende Maßnahme.“

Der zusammengelegte, speziell für die betreffende Kanalstrecke gefertigte Schlauch wird mit einer Winde durch das zu sanierende Kanalstück gezogen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist natürlich die Beseitigung von Schäden. „Der größte Schaden entsteht dadurch, dass durch Undichtigkeit des Kanalrohrs Wasser der Rodau oder Grundwasser ins Kanalnetz kommt und in die Kläranlage transportiert wird“, führt Lothar Jäger aus. Das verursacht erhebliche Pump- und Reinigungskosten. Die Instandsetzung der Rohre ist daher nicht nur gut für die Umwelt, sondern senkt auch die Betriebskosten der Kläranlage.

Das Einziehen der Schläuche ist dabei nur ein kleiner Baustein der insgesamt sehr komplexen Maßnahme. Vor ein paar Wochen ist ein Fräsroboter durch den Kanal gefahren, um Schäden zu beseitigen. Zudem wurden alle Zuläufe eingemessen. Schließlich müssen diese, wenn das neue Rohr verlegt ist, wieder aufgefräst und dicht an den Kanal angebunden werden. Hinzu kommt im Nachgang die Sanierung der Schächte, die die Maßnahme abschließt. „Die Anwohner werden in den nächsten Wochen verschiedene Fahrzeuge sehen, die jeweils einen Teil der Arbeiten übernehmen“, erklärt Andreas Hensel, „Insgesamt fällt die Belastung für die Bürgerinnen und Bürger aufgrund dieser sogenannten geschlossenen Bauweise aber sehr gering aus.“ Das Ziel ist es, das Kanalnetz in absehbarer Zeit vollständig mit dem Inlinerverfahren zu sanieren. „Unsere Langzeiterfahrungen in Bezug auf die Dauerhaftigkeit bestätigen die Entscheidung für diese Technik. Aufgrund unserer kontinuierlichen Erhaltungsarbeiten befinden sich die öffentlichen Abwasseranlagen in Rodgau in einem guten Zustand“, freut sich Stefan Lambert.